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HUNDETAGEBUCH Karlsson #1

Bericht #1, Februar 2021

 

 

Hallo, mein Name ist Karlsson. Jedenfalls hat mich mein neues Frauchen Kerstin so getauft. Ich bin jetzt schon 5 Wochen bei ihr und schleiche mich immer mehr in ihr Herz. Dort ziehe ich alle Register, und das kommt bei Kerstin gut an. Ich bin ein ziemlich kuscheliger Typ und fordere meine Streicheleinheiten von ihr ganz aktiv ein. Ich glaube, Kerstin gefällt das, obwohl sie mich immer noch ganz förmlich „Herr Karlsson“ nennt. Letztes Jahr hat Kerstin ihren Assistenzhund Pelle bei einem schlimmen Unfall verloren, und sie denkt noch sehr oft an ihn.

 

Ich habe sie aber schon überzeugt, dass in ihrem Herzen auch Platz für mich ist – jeden Tag arbeite ich daran, und ich kann euch sagen, ich habe sie mit meinem Charme schon eingewickelt. Ihre Familie mag mich auch sehr. Sie nennt mich auch manchmal „Maffay“ nach meinem berühmten Landsmann, der ja bekanntlich auch in Rumänien geboren ist und nun in Deutschland lebt. Gehört habe ich die Musik von Peter Maffay noch nicht, Kerstin mag seine Songs nicht so.

 Aufgewachsen bin ich in Österreich, ausgebildet wurde ich natürlich bei Partner-Hunde. Das war alles nicht so einfach während des Lockdowns. Kerstin weiß ja schon sehr viel über Assistenzhunde, und bei ihrer Einschulung mit Pelle hatte sie die Theorie schon gelernt, sodass meine Einschulung mit ihr anders war. Ich bin mit meinem Trainer Matthias auf eine lange Reise gegangen wir fuhren mit dem Zug bis nach Hamburg, wo Kerstin uns abholte. Kerstin mochte mich gleich sehr und fand, ich hätte große Pfoten und große Ohren. Vielleicht wachse ich ja noch etwas …

Kerstin, Matthias und ich erlebten in den kommenden Tagen recht viel, und ich zeigte mein Können auf allen Ebenen. Wir hatten eine tolle Zeit! Wir besuchten die Speicherstadt und den Hafen in Hamburg, außerdem waren wir viel in der Lüneburger Heide, dort wohnt Kerstin. Ganz in der Nähe wohnt auch Volker mit Pina, und so fand unter coronakonformen Bedingungen ein kleines Assistenzhunde-Treffen statt. Pina ist eine sehr große, charmante Hündin, mit der ich echt Spaß hatte. Kerstin hat mich beim Spielen mit ihr immer mal gerufen oder nach mir gepfiffen. Tja, da musste ich natürlich immer mal kurz kommen, was mir nicht so leicht fiel, aber okay, für einen Hundekeks macht man das als Assistenzhund natürlich.

Bei Kerstin lebe ich nun schon Weile und wir verstehen uns echt gut. Ich verstehe ihr „Norddeutsch“ auch von Tag zu Tag besser, und wir haben viel Spaß miteinander. Kerstin fallen oft kleine Gegenstände runter, die rutschen ihr einfach aus der Hand. Da bin ich immer gleich parat. Manchmal klettert sie im Haus rum, und wenn ihr Rollstuhl dann ein Stück zu weit weg ist, ziehe ich ihn zu ihr.

Für wenige Meter nutzt Kerstin einen Stock, den hole ich ihr auch gern. Das klappt gut, allerdings legt Kerstin Wert darauf, dass ich beim Stock transportieren nicht die ganze Inneneinrichtung demoliere. Da muss ich noch besser aufpassen. Draußen am Schuppen, wo ihr Handbike steht, fällt der Stock oft um oder er steht zu weit weg von ihr, da ist es dann egal, ob ich beim Stock holen ein bisschen randaliere, sie ist froh, wenn ich ihr da den Stock zum Rollstuhl bringe

Bei Kerstin gibt es gleich vor der Tür einen schönen Wald. Da ist das Durchkommen mit Rollstuhl und Zuggerät manchmal echt schwer, aber sie hat ihr Equipment mittlerweile so getunt, dass wir tolle Waldspaziergänge machen. Super, was mit Rollstuhl alles so geht, wenn man es probiert! Manchmal treffen wir auf Rehe. Da bin ich immer ganz aufgeregt und möchte gerne mal hin zu ihnen. Kerstin beruhigt mich dann oder pfeift mich zurück, wenn ich schon ein bisschen in die Richtung gelaufen bin. Na gut, so wichtig sind mir die Viecher dann auch nicht.

Im Wald vergesse ich manchmal das Drumherum, weil ich nur am Schnüffeln bin. Alles ist so interessant, dass ich total vertieft bin, und nichts mehr sehe und höre. Zwar bin ich nie weit weg von Kerstin, aber ich höre dann manchmal echt nichts. Wenn dann ihr durchdringender Pfiff kommt, wache ich meistens auf und bin überrascht, dass doch ich gemeint bin. Ich trabe dann zu ihr, denn dafür gibt’s ja einen Keks, und wenn ich besonders schnell war, darf ich an der Leberwursttube lecken, und das lohnt sich, kann ich euch sagen.

 

Mein neues Zuhause gefällt mir echt gut, und ich glaube, ich werde mit Kerstin noch tolle Dinge erleben.

 

Euer Karlsson mit Kerstin